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Der Rennleiter erkrankt

Solch eine Rennstrecke bedarf der Sorgfalt. Ich bin schon eine Weile dabei und setze meine Fahrer mit großem Vergnügen ein. Wenn ich sehe, wie die Blonde um die Kurve saust und dann an der Bodenwelle für Sekundenbruchteile die Straßenhaftung verliert – Mann! Und jetzt kommt ihr einer entgegen, rast, ja, sie begegnen sich, rast in entgegengesetzter Richtung an ihr vorbei. Haha! Das ist sie selbst gewesen. Und sie hat es bestimmt nicht gemerkt. Wisst ihr, dass ich sie fünf mal von verschiedenen Positionen aus habe losfahren lassen? Ich mache das oft; normalerweise sollen die Fahrer sich nicht selbst begegnen, aber diesmal dachte ich mir: Teufel was soll's? – Die Blonde merkt bestimmt nichts. Köstlich, sie merkt es nicht, und was für ein grimmiges Gesicht sie hinter ihrem Lenkrad macht! Fünf mal ist sie unterwegs, Teufel, und merkt es nicht mal, ich könnte mich auschütten vor Lachen!

Da sehe ich die Straße entlang den Teddybären humpeln. Er kommt mir entgegen. Was ist los? Unfall gehabt oder Benzin ausgegangen? Tja – übel schaut er aus. Da muss ich mich mit ihm unterhalten. Verwirrt und zerfleddert ist er, wir gehen zusammen in die Leitstelle und setzen uns auf einen Stuhl, von dem aus man die Rennstrecke gut beobachten kann. Er streckt seinen aufgerissenen Arm vor und sagt: "Ich habe doch keine Muskeln wie die Bulldogge". Die Bulldogge? – Ach, er meint den Stoffhund, der auf Nummer drei fährt. Aber – aber er hat doch keine Muskeln, nein er hat wirklich keine Muskeln, das sagt er ja auch, jetzt spürt man den Arm immer stärker.

Der Teddy ist ein ganz alter, ein wirklich uralter Bär, den schon der Vater meines Großvaters meinem Großvater vererbt hat und er heißt Murrli Brumm, so haben die Kinder ihn genannt. – Ich weiß nicht, .. die Kinder. Das heißt: meine Eltern oder vielleicht auch schon die Eltern meiner Eltern haben ihn so genannt, aber das Innere des Arms beginnt unerträglich zu kribbeln. So dass man am liebsten das gepresste Stroh herausreißen würde. Ich verstehe das nicht, da bewegt es sich. Unter dem maroden Stoffüberzug, von dem das helle Bärenfell schon abgewetzt war, als meine Mutter noch mit ihm spielte. Und jetzt liegt nur noch ein halb abgerissener Lappen über dem offenen Arm. Darunter bewegt es sich. Krabbelt. Etwas, das sich krümmt wie Würmer. Und herauskommen wird.

2001-01-30

© Anthony Thwaites